Zum Gedenken an Hellmut Wermann

Hellmut Wermann
*04. Juni 1916 †13. Juli 2011

Im gesegneten Alter von 95 Jahren und in geistiger Frische verstarb am 13.07.2011 Hellmut Wermann in seinem langjährigen Wirkungs- und Wohnort Leer in Ostfriesland.

Hellmut Wermann wurde am 04.06.1916 in Frankenau/Sachsen geboren. Am 01.06.1931 begann er die Lehre im Schuhmacher- und Orthopädieschuhmacher-Handwerk, die er am 15.11.1934 mit gutem Erfolg abschloss.

Nach der Einberufung zur Marine am 01.07.1936 kam er während seines Wehrdienstes im Jahr 1939 für mehrere Monate nach Leer. Dort lernte er seine Ehefrau Emmi geb. Stiekel kennen, mit der er am 21.11.1942 den Bund der Ehe schloss.

Nach Kriegsende arbeitete Hellmut Wermann zunächst einige Jahre bei OSM E. H. Bronk in Leer, legte am 10.11.1947 vor der Handwerkskammer Aurich die Meisterprüfung im Schuhmacherhandwerk ab und ging im darauf folgenden Jahr auf die neu gegründete Deutsche-Schuhmacher-Fachschule in Göttingen “DSF“, um sich auf die Zusatzprüfung im Orthopädie-Schuhmacherhandwerk vorzubereiten. Diese bestand er vor der Handwerkskammer Hannover am 27.09.1948 mit gutem Erfolg. Am 01.11.1948 eröffnete er dann in Leer seinen eigenen Betrieb.

Hellmut Wermann war zusammen mit seinen Lehrgangskollegen nach Abschluss des 1. Orthopädie-Semesters an der Deutschen Schuhmacher Fachschule der Gründer der “Schülergemeinschaft der DSF-Göttingen“ aus der später die “Studiengemeinschaft Orthopädieschuhtechnik Hannover e.V.“ hervorging. Er hatte damals erkannt, dass mit der Überreichung des Meisterbriefes das Lernen noch lange nicht zu Ende ist.

In seinem Festvortrag anlässlich der 25-Jahrfeier der Schülergemeinschaft im Jahr 1976 sagte er hierzu:

Es wurde uns bereits im Laufe des Semesters klar, dass die an der Schule vermittelten Kenntnisse nur ein Grundstock sein konnten, und dass eine Weiterbildung erforderlich ist, um im Leben weiter zu kommen und bestehen zu können. Der Wille zur Weiterbildung trat besonders bei der Abschlussfeier zutage. Man beschloss einen gegenseitigen Gedankenaustausch und so wurde die “Gemeinschaft Ehemaliger“ lose konstituiert. Es war vorgesehen, sich ab und zu zum Gedankenaustausch und zur Auffrischung der kollegialen Bindungen zu treffen. – Ich wurde beauftragt, die Sache in die Hand zu nehmen.

Hellmut Wermann hat die Sache wirklich in die Hand genommen. Bereits am 13.01.1951, anlässlich der Einweihung der neuen Schule im Gebäude der früheren Langemarck-Kaserne in Göttingen fand das erste offizielle Jahrestreffen der “Gemeinschaft ehemaliger Schüler der DSF e.V.“ statt, die nun auch den rechtlichen Status eines eingetragenen Vereins hatte. Damit hat Hellmut Wermann seine Vision von einer ein Leben lang lernenden und sich gegenseitig geistig befruchtenden Gemeinschaft in die Tat umgesetzt und auch den Grundstock für die heutige “Studiengemeinschaft für Orthopädieschuhtechnik Hannover e.V.“ gelegt. Er hat gespürt, wie Victor Hugo sagte, dass “nichts so mächtig ist, wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist!“ Stark unterstützt wurde er während seiner 20-jährigen Tätigkeit als 1. Vorsitzender durch seine unvergessene Frau Emmi Wermann, die gern und oft als “Mutter der Gemeinschaft“ bezeichnet wurde und leider all zu früh im Jahr 1999 verstarb.

Für seine Initiative und für sein außergewöhnliches Engagement wurde Hellmut Wermann 1971 zum Ehrenvorsitzenden der “Gemeinschaft ehemaliger Schüler der DSF“ ernannt.

Die von Hellmut Wermann gegründete und nach vorne strebende Gemeinschaft wurde von der damaligen Berufsstandsführung allerdings nicht nur mit wohlwollendem Beifall bedacht, sondern auch sehr kritisch betrachtet. Man fürchtete, dass diese “Jungen Wilden aus der Göttinger Schule“, die mit neuen kreativen Ideen und Aktivitäten Bewegung in unser Handwerk brachten, sich aus den Gremien des Berufsverbandes ausgrenzen und ein nur auf sich selbst fixiertes Eigenleben führen könnten. Sehr erfreulich war deshalb der Besuch des damaligen Bundesfachgruppenleiters und Vorsitzenden des Verbandes der Orthopädieschuhmachermeister e.V., Emil Kraus, bei der Jahrestagung 1961. In seinem Grußwort, in dem er die Gemeinschaft zu ihrer fruchtbaren Arbeit beglückwünschte, sagte er unter anderem: “Die Bedenken, die anfänglich bestanden, dass sich aus dieser Vereinigung der ehemaligen Schüler ein Staat im Staat bilden könnte, haben sich verflüchtigt – sie sind heute nicht mehr berechtigt. – Ich freue mich, dass ich in der Person Ihres Vorsitzenden, Herrn Wermann, die Grundlage zu einer engen Zusammenarbeit gefunden habe.“

Emil Kraus, der unvergessene Altmeister unseres Handwerks, hatte als einer der Ersten erkannt, welches Potenzial hier heranwuchs. Er hat mit seiner Einschätzung Recht behalten. Denn aus dieser Gemeinschaft unter der Führung von Hellmut Wermann erhielt unser Handwerk Kräfte, die sich mit vollem Engagement in die berufsstandspolitische Arbeit unserer Handwerksorganisation einbrachten.

In diesen Tagen des Abschieds verneigen wir uns dankbar vor einem Mann und Freund, der mit neuen Ideen, mit Weitblick und mit Tatkraft die Entwicklung unseres Berufes positiv beeinflusst hat. – Hellmut Wermann hat sich um das Gesundheitshandwerk ORTHOPÄDIESCHUHTECHNIK verdient gemacht.

Siegfried Stinus

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